Welcome to Morocco
Wir fahren von der Fähre herunter, durch den Zoll (der uns direkt die Drohne abnimmt – in Marokko leider verboten, aber vielleicht bekommen wir sie bei der Ausreise ja wieder zurück) und direkt an den Strand. Wow – unsere ersten Erfahrungen ausserhalb Europas beginnen also hier. Bereits nach zwei Tagen Regen und Schlamm und Festfahren wissen wir: Wir brauchen erstmal eine Basis um anzukommen. Frei und unverplant zu sein hat zwar seine Vorteile, aber im Moment müssen wir uns irgendwo sammeln können. Etwa eine Stunde von uns entfernt – zwischen den Städten Meknès und Fes – liegt eine Ökofarm, die auch als workaway existiert. Nach einigen Kommunikationsschwierigkeiten und der Fahrt durch gefühlt 200 Schlammseen stehen wir endlich vor dem Tor der Olivenfarm. Dem geschlossenen.
Eine neue Sonne und sieben Katzen
Das verschlossene Tor wird uns jedoch bald von Laila und ihrer Tochter Sol geöffnet. Und damit eröffnet sich auch ein Weg in eine Zeit, die wir uns zuvor nicht vorgestellt hatten. Die Olivenfarm liegt abseits von jeglichen Strassen und die Solaranlage funktioniert nicht. Das beschert uns Abende voller Kerzenschein und Kaminfeuer und lässt uns beinahe jede Nacht den klaren Sternenhimmel betrachten. Das erste Mal auf unserer Reise tauschen wir unseren Bus für ein Zimmer. Im oberen Stock, auf der Sonnenterrasse besuchen uns nachts sieben auf der Farm lebenden Katzen. Beinahe permanent bei uns sitzt Jimmy, ein wirklich winziger Kater, der ständig Aufmerksamkeit einfordert. Und sie natürlich nur all zu gerne bekommt. Selbst bei unseren Yogaversuchen am Morgen begleiten uns die Katzen und machen es sich auf unseren Rücken gemütlich.
Die ersten zwei Tage verbringen wir mit Laila und Sol. Wirmachen zusammen Musik, spielen Karten und lernen wie man Tajin kocht. Sol ist ganz begeistert von der Ukulele und kann nach nur einem Tag mit uns schon ein ganzes Lied spielen – und hört kaum mehr damit auf. Sie ist sieben Jahre alt und saugt Wissen gerade wie der sprichwörtliche Schwamm auf. Sie kann bereits Deutsch uns Spanisch fliessend sprechen und lernt zusätzlich Arabisch und Englisch. Es ist beeindruckend, wie viel Talent und Energie in einem Mensch sichtbar werden, wenn man ihn alles ausprobieren lässt.
Ausserdem lernen wir Mohammed kennen. Er ist der Wächter des Grundstücks und spricht zwar nur Arabisch, kann uns jedoch trotzdem beibringen, was wir wie auf der Farm zu machen haben.
Olivenernte
Das ca. 2 Hektar grosse Grundstück ist umrandet von Olivenbäumen, die alle gerade mehr oder weniger reif zur Ernte sind. Da keine Maschinen da sind, ernten wir von Hand. Dazu muss man zuerst ein riesiges Netz unter den Bäumen ausbreiten und dann mit Stöcken gezielt gegen die vollen Äste schlagen. So fallen die Oliven, Äste und Blätter auf das Netz und werden hier gesammelt. Wenn genug Bäume so «bearbeitet» wurden, oder das Netz zu voll ist, um es zu dem nächsten Baum zu ziehen, werden die Früchte von den Ästen getrennt. Und nur, falls es irgendjemanden interessiert: Oliven direkt vom Baum schmecken ungefähr so, wie wenn man in eine Seife beissen würde. Absolut nicht empfehlenswert!
Nach dem groben Sortieren machten wir einen neuen Haufen und breiteten das Netz wieder daneben aus. Danach schaufelte Mohammed die Oliven vor sich auf und warf sie mit aller Kraft gegen den Wind. So lösten sich auch die letzten Blätter von der Ernte und wir konnten in Ruhe alles schön sauber getrennt in Säcke abpacken.
An manchen Tagen waren andere Arbeiter:innen da, an anderen kamen noch weitere Work-Away Volunteers: Maria aus Spanien und Camille aus Belgien sowie André aus Portugal. Gemeinsam schafften wir – je nachdem wie gross und reif die Bäume waren – 5 bis 10 Bäume, oder etwa 1 ½ bis 3 volle Säcke am Tag. Einen Tag verbrachten wir auch damit, den Hof aufzuräumen, Zitronen für einen veganen Zitronenkuchen zu pflücken und zu verarbeiten. Oder damit, unseren Bus mit allen leeren Flaschen und Kanistern zu bepacken, um diese an einer nahe gelegenen Wasserstelle wieder mit frischem Quellwasser aufzufüllen.
An dem einzigen Tag, an welchem es regnete, machten wir uns mit insgesamt 13 Säcken (oder fast 1200kg Oliven) auf den Weg zur Olivenölpresse. Dort werden die Oliven mit riesigen Steinen zermahlen. Die dadurch entstandene Paste wird auf tellergrosse Geflechte verteilt, diese aufeinander gestapelt und dann eben zusammengepresst. In wenigen Tagen kann die Farm so ihr eigenes Olivenöl wieder abholen. Überall riecht es nach danach, Luca fällt sofort in seinen Beruf zurück und beginnt alles zu filmen und zu dokumentieren. Er kommt mit einem Marokkaner ins Gespräch, der Spanisch kann und uns alle noch zu einer traditionellen Bohnen-Suppe (Bissara) mit viel Tee und Brot einlädt. Gastfreundschaft wird wirklich gross geschrieben in diesem Land.
Die Omikron-Variante tritt auf die Bildfläche
Zwar bekommt man auf der Farm eigentlich nichts von Corona mit, aber mit dem Auftauchen der anderen Volunteers, wird das Thema doch wieder um einiges realer. Durch die neue Variante Omikron hat Marokko beschlossen, seine Grenzen für den internationalen Verkehr zu schliessen. Das bedeutet, dass weder Flugzeuge noch Fähren aus Europa in das Land kommen können. Im Moment für zwei Wochen, jedoch kann sich das natürlich leicht verlängern. Derzeit betrifft uns das noch nicht, da wir ja sowieso 3 Monate hierbleiben wollen, um zu «überwintern».
Für André bedeutet es jedoch zum Beispiel, dass er den ganzen Tag darauf wartet, von der Botschaft kontaktiert zu werden, um zu erfahren, wann sein Rückflug geht, damit er früh genug nach Marrakesh aufbrechen kann um dort noch den PCR-Test vor seinem Flug durchführen. Maria will eigentlich über Weihnachten mit Freund:innen nach Thailand fliegen und kann im Moment das Land nicht verlassen, da jeder Flug, den sie bucht, wenige Tage später wieder gecancelt wird. (Absurde Flüge von z.B Ryanair, die zwischen 5 und 35 Euro kosten. Wie das möglich ist, entzieht sich unserem Verständnis komplett). Wir beobachten die Situation zwar weiter, aber eigentlich können wir im Moment nichts machen, ausser hoffen, dass zum Zeitpunkt, wo unser Visa abläuft, die Häfen wieder offen sind, und wir weiterreisen können.
Die letzten Tage verbringen wir damit unseren Bus wieder fahrbereit zu machen. Ausserdem müssen wir endlich wieder Wäsche waschen (von Hand), und unsere Vorräte auffüllen. Wir versuchen auch Jimmy zu einem Reisekätzchen zu machen und mitzunehmen, aber leider will er lieber auf der Farm bleiben. Sein Pech 😉 So verabschieden wir uns von einer bleibenden Erfahrung und fahren weiter Richtung Süden. Dort soll es Affen geben und wir wollen endlich unseren ersten Flug in Marokko erleben.
Danke an alle, die uns den Aufenthalt in Ain Taoujdate so angenehm gemacht haben. Es war die beste Art in diesem Land anzukommen!
Kaffee am morgen vertreibt Kummer und Sorgen. Liebe Grüsse von Sonnenhaldenstrasse
Lasst es euch gut gehen.