Erste Rückschläge

Oder auch: Bianca muss ein bisschen Dampf ablassen…

Wisst ihr, was ich nicht ausstehen kann? Wenn Mal was richtig schief läuft, und ich in dem Moment, in dem mich das auch so richtig mitnimmt, ich nicht negativ sein darf/sollte. Dauernd soll man sich auf das Positive der Situation fokussieren und das Gute darin sehen. Aber ganz ehrlich: der Mensch, bei dessen Selbstbeschreibung „Optimismus“ und „gute Laune“ ganz oben steht, bin von uns beiden sicher nicht ich…

Ok, ok, aber worum geht’s denn jetzt eigentlich? Alles begann Anfang September. Luca und ich wollten nach Berlin. Das war schon ewig geplant und ich hab mich wahnsinnig darauf gefreut, alte Freund:innen zu treffen, die mir unglaublich viel bedeuten und sehr fehlen. Und dann kam der Bahnstreik. Ich bin ja Pro Gewerkschaft, also unterstütze ich solche Aktionen total. Trotzdem dummes Timing, so ganz subjektiv und egoistisch betrachtet. Also alle Pläne über Bord geschmissen und ab nach Scuol zum Fliegen und einen Freund von Luca besuchen, der dort ein „Artists in Residence“ Programm besucht. Das war super nice. Das Wetter war top, die Gegend war eindrücklich (ich verstehe kein Wort Romansch, was hier aber noch alltäglich gesprochen wird) und der erste Abend super gemütlich – inkl. Feuer an der Inn.

Für Samstag war der Christopher Street Day in Zürich angesagt. Wenn schon nicht Berlin, dann wenigstens LGBTQI+ Ally sein und supporten wo es nur geht – auch weil die „Ehe für Alle“ Abstimmung vor der Tür stand. Wir dachten uns also, wir fahren einen Tag früher schon in die richtige Richtung und erkunden gleich noch ein weiteres Fluggebiet: den Pizol.

Abfahrt Richtung Walensee

Nach einem sehr wackligen, aber langen und rasant steigenden Thermikflug in Scuol also wieder alles zusammengepackt und mit dem Bus zurück zur Verladestation und zur Bergbahn auf den Pizol. Wir kamen gerade noch rechtzeitig an, um nach oben gebracht zu werden.

links: Luca’s neuer Freund freut sich auch schon auf den Flug 😉

rechts: Ankunft am Startplatz

Der Startplatz ist eine super grosse und breite Weise und war leer. Was soll da schon schief gehen? Hahaha… Erst gab es gar keinen Wind, dann Abwind. Versucht zu starten habe ich trotzdem. Ich bin gerannt als wäre etwas hinter mir her, der Schirm ging auch in die Luft, abgehoben bin ich aber nicht. Ich musste abbrechen, bin dabei hingefallen und habe gemerkt, dass mein Knie schmerzt. Tief einatmen, kurz beruhigen, alles zusammenraufen (also mich und den Schirm) und den Hügel wieder hoch spaziert. Mein Speedsystem wurde dabei in Mitleidenschaft gezogen und meine Daunenjacke lies Federn. Die waren noch ganz praktisch, um die Windrichtung zu bestimmen

Unerwartete Konsequenzen

Und dann? Dann war nur noch Abwind und niemand kam mehr in die Luft. Nicht mal mehr ein Schirm. Die Bahn fuhr auch nicht mehr, also mussten wir uns geschlagen geben, haben alles in unsere Rucksäcke verstaut und uns auf den Abstieg gemacht. Nur wurde der immer anstrengender, weil mein Knie immer mehr anschwoll. Da half dann auch Zähne zusammenbeißen nicht mehr viel. Wir hatten aber Glück, und kurz vor der Mittelstation nahm uns eine Frau mit ihrem Auto mit und brachte uns zu unserem Bus. Bewegen konnte ich in dem Moment mein Bein kaum noch. Eine Nachtapotheke und gefühlte 500 Schmerztabletten später liegen wir im Bus und ich kann vor Schmerzen kaum schlafen. Am nächsten Tag fahren wir in die Notaufnahme (nachdem mich das Ärztezentrum wieder weggeschickt hat – danke für nichts…) – das wars dann wohl mit dem CSD in Zürich. Ich bekomme Krücken, Trombosespritzen und einen MRT Termin. Drei Tage später das Resultat: vorderes Kreuzband ist ab. Komplett. Uff…

Hier sollte jetzt irgendwas Inspirierendes stehen, aber manchmal ist’s halt Oasch und das darfs auch sein

Parabunda

Ein Unglück kommt selten allein

Das klingt zwar schrecklich abgedroschen, aber hat halt auch seine Berechtigung. Weil nicht nur, dass ich jetzt 5 Wochen zur Physio rennen musste und mir von allen Seiten (gebetene, doch meistens ungebetene) Ratschläge anhören durfte, ob operieren oder nicht, ich die ganze Zeit nicht mehr fliegen konnte und Nächte lang vor Schmerzen kaum ein Auge zubekommen hab. Nein, das war noch nicht genug… Hinzu kam auch noch, dass unser lieber Freddy direkt beim MFK ablag. Fehler in den Bremsschläuchen. Gefahr eines Totalversagens beim Bremsen. Pannendienst gerufen und wieder zurück in die Werkstatt gefahren (wo er zuvor schon 2 Wochen verbracht hatte). Da kommen einem dann schon irgendwann die ersten Zweifel.

Fazit

Natürlich kann man jetzt alles positiv sehen: Gut, dass das noch in der Schweiz passiert ist, gut, dass ich versichert bin und sonst nichts Schlimmes passiert ist, gut, dass ich jetzt Zeit für anderes habe und gut, dass wir jetzt schon die Möglichkeit haben, uns auf solche kommenden „Breakdowns“ vorzubereiten und zu merken, dass wir damit umgehen können.

Aber ganz ehrlich? Genauso berechtigt ist es auch einfach einmal zu sagen „Scheiße!“. Es kotzt mich an, dass mein Knie jetzt kaputt ist und ich mit Schiene fliegen muss. Es kotzt mich auch an, dass mir das Leben einfach so aus dem Nichts meine Vergänglichkeit vor Augen halten musste. Ich weiß, dass wir Glück hatten, ich weiß, dass alles trotzdem machbar ist und sich immer wieder neue Wege finden werden, wenn unsere Pläne zusammenfallen wie ein Kartenhaus, ich weiß das, und ich vertraue auch auf dieses Wissen. Emotionen die kommen, sind aber einfach vielseitig und divers und alle brauchen ihren Platz. Ja, es geht mir wieder gut und ja, wir sind doch noch durch den MFK gekommen (und gleich darauf kam sogar „Din Busmech“ und half uns bei der Standheizung) und nein, es wird nicht das einzige Mal sein, dass uns sowas passiert. Ich weiß das alles. Und dennoch war ich mitgenommen durch die Ereignisse und brauchte gerade Platz um das zu verarbeiten. Außerdem soll das hier ja ein authentischer Einblick in unser Reiseleben sein. Und das hat eben seine Hochs und Tiefs, aber das nächste Highlight kommt sicher auch bestimmt 😉

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